Reuß

Reuß
Reuß,
 
Adelsgeschlecht (Haus Reuß) sowie zwei ehemalig nach ihm benannte Fürstentümer und Bundesstaaten des Deutschen Reiches im Osten Thüringens (bis 1918). Als erster Vertreter gilt Erkenbert Herr von Weida, 1122 als Vogt in Weida ersterwähnt. Die Vögte von Weida waren bis 1166 Ministerialen bei Mühlhausen in Thüringen; um 1180 wurden sie Reichsministerialen. Kaiser Heinrich VI. erhob Heinrich II. (✝ 1209) zum Stiftsvogt in Quedlinburg. Dessen Enkel teilte sein Land 1244 unter seinen drei Söhnen, die die Linien Weida (erloschen 1535), Gera (erloschen 1550) und Plauen stifteten. Eine jüngere Seitenlinie von Plauen nannte sich seit etwa 1300 nach ihrem Begründer, Heinrich Ruthenus (d. h. der Reuße beziehungsweise Russlandfahrer), verheiratet seit 1289 mit einer Enkelin des Königs Daniel von Galizien (✝ 1264), Reuß und gab dem Geschlecht den Namen.
 
Die Hauptlinie Plauen wurde 1426 mit der Burggrafschaft Meißen belehnt (bis 1439) und gefürstet. Sie erlosch 1572. Die weiter bestehende Linie Reuß teilte sich 1564 in eine ältere, mittlere und jüngere Linie; die mittlere starb bereits 1616 aus.
 
Reuß ältere Linie teilte sich wiederholt, besonders im 17. Jahrhundert, in die Nebenlinien Ober- und Untergreiz, Burg und Dölau. Reuß-Untergreiz nannte sich nach dem Anfall von Obergreiz seit 1616 Reuß-Greiz, 1673 wurde die Linie wie auch Reuß jüngere Linie in den Reichsgrafenstand erhoben. 1681 wurde die Unteilbarkeit von Reuß-Greiz, 1690 die Erstgeburtserbfolge festgelegt. 1778 folgte die Erhebung in den Reichsfürstenstand. Das Fürstentum Reuß ältere Linie bestand bis 1918, wurde 1918 zunächst Freistaat und ging 1920, nachdem es 1919 mit Reuß jüngerer Linie zu einem Volksstaat vereinigt worden war, im Freistaat Thüringen auf. Die ältere Linie erlosch 1927.
 
Reuß jüngere Linie bestand zunächst aus vier Linien (Gera, Lobenstein, Saalburg und Schleiz), seit 1666 aus den drei Linien Reuß-Gera (bis 1802), Reuß-Schleiz (ab 1. 10. 1848 Reuß jüngere Linie) und Reuß-Lobenstein (bis 1853). Lobenstein, seit 1678 geteilt in Lobenstein (bis 1824), Hirschberg (bis 1711) und Ebersdorf (bis 1853), wurde 1790 in den Reichsfürstenstand erhoben, Reuß-Schleiz, von dem sich 1690 die Linie Reuß-Köstritz abgespalten hatte, 1806. 1853 vereinigte Reuß-Schleiz nach über 200-jähriger Zersplitterung wieder das gesamte Gebiet der jüngeren Linie Reuß. 1902 übernahm es die Vormundschaftsregierung über Reuß ältere Linie (bis 1918). Seit 1918 teilte es das Schicksal des Fürstentums Reuß ältere Linie. Seit 1930 führt die jüngere Linie nur noch den Namen Reuß.
 
 
Berthold Schmidt: Gesch. des Reußenlandes, 2 Tle. (1923-27).
 

Universal-Lexikon. 2012.

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